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my tap water and acne story

Londoner vs. Berliner Leitungswasser und meine Haut

„Eine Geschichte mit und ohne Happy End.“

Es gibt Dinge, die bleiben für immer unerklärt – das Toast landet auf der Avocadoseite (machen wir uns nichts vor – es ist 2018 und niemand von uns schmiert sich mehr Butter auf’s Brot, oder?), und aus irgendeinem Grund vergisst man regelmäßig die 56€-Bodylotion-Investition auch wirklich zu verwenden.
Und wer nun meint, Google liefert für alles eine Antwort, der vergisst, dass wir doch letztlich alle froh sind über die wenigen verbliebenen Mysterien in einer Welt, die alles erforscht, zerlegt, und algorythmisiert hat (I’m looking at you, Instagram!). Es ist aufregend, sich einzureden manche Vorkommnisse des alltäglichen Lebens seien einfach per se seltsam. Und ich füge dieser Liste mal ein Weiteres hinzu – das Londoner Leitungswasser.

In meiner eigenen Clean Routine, datiert Dezember 2016, habe ich mich zum ersten Mal öffentlich über das Londoner Wasser beschwert. Und zwar nicht, weil die Briten aus für mich nicht nachvollziehbaren Gründen noch immer darauf bestehen, ihr Wasser aus zwei separaten Hähnen sprudeln zu lassen, was einen dazu zwingt, aus seinen Händen eine Schüssel zu formen und einen kleinen Tanz zu vollführen, um abwechselnd vom kochend heißen und eiskalten Wasser zu schöpfen. Mit etwas Übung schafft man es dann irgendwann auch, sich mit lauwarmem Wasser das Gesicht zu waschen. Diese Konstruktion ist unpraktisch, aber nicht der Grund meiner Beschwerde.

Ich zog mit 19  zum Ersten Mal nach London, und als ich nach einem Jahr wieder nach Berlin zurückkehrte war mein Souvenir ein Gesicht voller Unreinheiten, die die meine Teenagerjahre unangefochten in den Schatten stellten. Kein guter Look. Und da meine Hautpflegeroutine so natürlich wie eh und je, meine Ernährung ziemlich gesund und mein Gesicht meist sogar frei von Makeup waren, schob ich es auf das Wasser. Was Sinn macht, denn der Schock, der einen auf die erste Begegnung mit dem Waschbecken ereilt, ist anhaltend – der Geruch nach Chlor ist unverkennbar, und erinnert mehr an die Schwimmstunden in der dritten Klasse als an azurblaue Pools vor malerischer Landschaft. (Das wurde für mich nach meinem ersten Besuch in New York allerdings noch einmal in Relation gesetzt. Dort trank ich keinen Tropfen aus dem Hahn.)

Ob Chlor einen direkten Einfluss auf das Hautbild hat, ist ein kaum erforschtes wissenschaftliches Gebiet – aber wenden wir mal etwas gesunden Menschenverstand an. Die extrem austrocknenden Eigenschaften von Chlor sind weithin bekannt. Frag den berühmten Schwimmer in deinem Freundeskreis und du wirst von Geschichten über ausgetrocknete Haut und unzureichende Reichhaltigkeit von weithin erhältlichen Körperpflegeprodukten überschüttet werden. Womöglich war die schlechte Versorgung mit Feuchtigkeit sogar der Grund für das frühzeitige Karriereende.
Wer regelmäßig Beauty-Blogs liest, der weiß außerdem, dass es entgegen erster Impulse keine gute Idee ist, ölige oder Mischhaut auszutrocknen – die Haut arbeitet, wenn sie ihres natürlichen Ölfilms entzogen wird, umso emsiger daran, jenen wieder herzustellen und produziert dabei oft mehr Öl als notwendig. Dadurch kann sich der Zustand der Haut langfristig verschlechtern. Vielleicht passiert also dasselbe mit Haut, die tagtäglich dem englischen Leitungswasser ausgesetzt wird? Ob das wirklich der Grund für mein Leiden war kann ich nicht mit Sicherheit sagen. Es erscheint mir aber schlüssig! Kommen wir zu dem Teil, der sich jeglicher Logik widersetzt.

Wir machen einen Zeitsprung – es ist Frühjahr 2017 und meine Haut ist nach 1,5 Jahren ruhigen Teints wieder außer Kontrolle geraten. Von dieser schlechten Hautphase bereits ein halbes Jahr lang geplagt, war ich entsprechend nervös ob des bevorstehenden Wasserwechsels, denn es war Zeit für ein Praktikum wieder nach London zu ziehen. Nach meiner Ankunft ging ich kurz der Überlegung nach, mir zukünftig ausschließlich mit Mineralwasser aus der Flasche das Gesicht zu waschen – letztlich hielt mich nicht nur die Dekadenz dieser Idee an sich, sondern vor allem meine Entschlossenheit, meinen Plastikverbrauch zu reduzieren von dieser Maßnahme ab und ich wagte den Sprung ins kalte Wasser.
Was geschah, war unerwartet. Schon nach einer Woche konnte ich ungläubig feststellen, dass meine Haut viel ebener und ruhiger geworden war. Die Paar Unreinheiten, die blieben, heilten schneller ab und entzündeten sich auch nicht mehr. Ich kehrte innerhalb kurzer Zeit zu einem ausgeglichenen Hautbild zurück, und seitdem ging es nur bergauf! (Ich klopfe an dieser Stelle hörbar auf Holz.) Auch jetzt, nach meiner erneuten Wiederkehr nach Berlin, bin ich verwundert, begeistert und dankbar zugleich (und bitte darum, von Nachfragen wieso ich alle halbe Jahre wieder einen Umzug über den Ärmelkanal durchführe, abzusehen.)

Bitte teilt eure Theorien, Erklärungsansätze und relevante Geschichten zum Thema ‚Meine Haut und das Wasser‘ mit mir, um eventuell endlich schlau aus diesen Anekdoten zu werden. Und falls auch du unter unreiner Haut leidest, zieh vielleicht einfach einen halbjährigen Spa-Aufenthalt in Großbritannien in Erwägung, solange das noch ohne Visum möglich ist. Die Chancen auf Besserung stehen statistisch weder besonders gut noch schlecht.

Text: Aniko Legner (@nogelato)
Foto: Powder Paper & Aniko Legner

 

4 Comments
  • L

    April 9, 2018 at 7:39 pm Antworten

    Ich kenne das mit dem Wasser auch – aber glücklicherweise nur positiv und zwar bei meinen Haaren. Ich hatte eine zeit lang extrem trockene aufgeladene Haare die auf keine Pflege reagiert haben. Dann habe ich eine Woche in den Niederlanden gemacht und tada.. von Trockenheit keine Spur mehr, und das mit den selben Produkten die ich zuhause genommen habe. Danach sind sie auch in Deutschland nicht mehr trocken geworden und als ich dann in Schweden war haben sie einen erneuten Feuchtigkeitsboost bekommen der immer noch anhält 🙂

    • Powder Paper

      April 9, 2018 at 9:15 pm Antworten

      Haha! Super, vllt. will dir dein Haar sagen, dass du in den Norden ziehen sollst.

  • vivien_noir

    April 18, 2018 at 8:33 am Antworten

    Ich habe seit 15 Jahren ein seborrhoisches Ekzem (Kopfhaut), das zeitweise so stark ist, dass es die Haut aufspringen und bluten lässt (extremste Phase). Dazu kommt ein wahrer Schuppenpanzer. 3 Wochen Asien später: durch das dort sehr weiche Wasser wurde meine Kopf- und Gesichtshaut (unreine Mischhaut) zu den glücklichsten Zellhaufen des asiatischen Kontinents! Ich war so platt. Meine Haut war strahlend, glowy, gesund, robust und so entspannt, dass ich allen Ernstes nur noch die billigen Hotel-Pflegeutensilien (Shampoo, Conditioner, Seifen) verwendet habe. Ich konnte es nicht glauben! Ich war geheilt!
    Bis ich wieder nach Österreich und zum guten, aber harten Leitungswasser zurückkam. Innerhalb 2-3 Tagen war mein Ekzem mit solch unvermittelter Wucht und einer derartigen Intensität zurück, wie es nur zu Extremzeiten der Fall war. Ich war regelrecht erschlagen vom Schuppenpanzer, den Reizungen, Rötungen und Jucken. Es war grauenhaft! Seit über 2 Monaten kämpfe ich nun mit sanften Shampoos und der einzig wirksamen Geheimwaffe, reinem Apfelessig, dagegen an, um zumindest wieder einen Zustand wie vor der Reise herbeizuführen.

    Chlorwasser und Salzwasser verursachen bei mir übrigens das Gegenteil: ganz saubere, schuppenfreie und entspanntere Kopfhaut. Möglicherweise ist das auf ihre desinfizierenden Eigenschaften zurückzuführen – meine trockene Kopfhaut ist jedenfalls nicht trockener als zuvor. Ich achte aber auch auch übermäßig feuchtigkeitsspendende Shampoos. Besonders Aubrey Organics (gelbe bzw. orange Serie, und die Swimmer’s Shampoo&Condidioner) sei hier erwähnt, das ist die stärkste feuchtigkeitsspendende Marke, die ich in meiner 30-jährigen Shampootest-Laufbahn verwendet habe.

    • Powder Paper

      April 18, 2018 at 10:31 am Antworten

      Haha, ein Hoch auf den glücklichsten Zellhaufen des asiatischen Kontinents. Danke dafür!
      Und weiterhin viel Glück mit dem extravaganten Zellhaufen. Ich kann ein Lied davon singen. : )
      PS: Vier Tabs mit Aubrey Organics Produkten geöffnet.

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